„Jede Empfindung ist nur einmal in der Welt vorhanden, in dem einzigen Menschen, der sie hat.“
Friedrich Schiller
„Was innen, das auch außen. Was außen, das auch innen.“
Isabella Scharf Minichmair verknüpft in ihren Werken auf sehr
einfühlsame Weise ihre äußeren Eindrücke mit ihren inneren Empfindungen.
Sie schafft dabei eine Welt, die dem Betrachter eine Ahnung von einer
Wirklichkeit gibt, die abseits der kollektiven (rationalen) Realität
existiert. Durch die Form, aber vor allem durch eine eigenwillige
Farbgebung gestattet sie dem Publikum einen zwanglosen Einblick in ihre
Sicht der Dinge und erweckt in uns längst vergessene, meist märchenhafte
und mythische Bilder der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Nahezu frei von herkömmlichen kategorisierenden und
konstruktivistischen Vorstellungen lässt sich ihre „Kunst – Welt“ nur
schwer fassen. Aber jeder Besucher ist herzlich eingeladen zu erleben.
Ihre Darstellungen gewähren den Freiraum, alles zu sehen, was der
Einzelne in seiner Geschichte wahrzunehmen vermag. Dadurch erhält man
die Möglichkeit sich selbst immer wieder neu zu entdecken und seine
kollektive, bis dahin vielleicht unbewusste Welt zu empfinden.
Anna Fein
Im Mittelpunkt meiner künstlerischen Auseinandersetzung
stehen der Mensch und dessen Beziehung zur "äußeren Natur", gegründet
auf historischen Gegebenheiten und objektiven Übereinkünften eines
Kulturkreises und -als nötiges Gleichgewicht dazu- dessen Beziehung zum
Geist, respektive seine Beziehung zur "inneren Natur".
Wie kann eine anthropogene Weltgestaltung im Zeitalter
der „Technoscience“ und einem von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen
geprägten Naturbegriff aussehen? Ist „Natur“ durch den Eingriff des
Menschen gemacht, weil sie durch ihn als solche erfahrbar, denkbar und
wandelbar ist, oder existiert sie unabhängig vom menschlichen Denken
oder beides? Der Einzelne kann sich diese Fragen nur anhand seiner
unmittelbaren und bewussten Wirklichkeitserfahrung beantworten.
Künstlerische Prozesse bergen eine derartige Erkenntnismöglichkeit.
Ein Bildgefüge aus Farbe und Form, als „Produkt“ des
Prozesses einer intuitiven Zusammenschau von Sinnlichkeit, Empfindung
und Denkweise ist Zeugnis der Wirklichkeitserfahrung des Menschen.
Zeugnis von Rationalem und Irrationalem, von Bewusstem und Unbewusstem
und gleichzeitig Dreh- und Angelpunkt der Harmonisierung der Gegensätze.
Es ist Träger mythisch-symbolischer Inhalte und oftmals
längst vergessener, individueller Naturbeziehung. Die Deutungen dieser
Inhalte sind sozial kodiert und unterliegen einem historisch bedingten
Wandel. Sie enthalten Auskünfte über den Individuationsprozess des
Menschen sowie über Partizipationsmöglichkeiten der Wissens- und
Bewusstseinsproduktion.
Isabella Minichmair
Text zu ElementarT/ Fotografie- Projektionismus- Installationen: Wiener Künstlerhaus 2008
'Natur' als traditionelle Opposition zu Kultur und
Technik bietet heute durch eine lückenlose Kontrolle und Ausbeutung
keine feste Orientierung mehr. Der begriffliche Wandel von Natur zur
Umwelt verdeutlicht das einseitig gezeichnete Bild von Natur als eine
veräußerte, entsinnlichte und technisierte Natur. Im Zeichen von
Umweltproblemen und Öko-Diktatur vollzieht sich nun seit mehreren
Jahrzehnten in der Dimension künstlerischer Praxis eine Hinwendung zur
Natur in der Form einer Wiederkehr der 4 Elemente.
Als Erinnerungsarbeit und Spurensuche gehört die
Elementenkunst zum breiten Bereich der Präsentation von Materialität in
der modernen Kunst. Im Unterschied zur Kunst der Materialien, die ihre
Befreiung aus der Form betreibt, wird die Elementenkunst nach Gernot und
Hartmut Böhme als reines Lebensmedium, in ihrer sinnlichen Präsenz,
präsentiert. Feuer, Erde, Wasser und Luft kommen dabei ganz ohne
allegorische oder symbolische Bedeutungszuweisung aus.
Doch wäre eine Renaissance der Elemente als bloßer
Anschluss an die Ökologiebewegung falsch verstanden. Vielmehr ist die
Elementenkunst vom Bedürfnis nach leiblicher Erfahrung, nach
sinnlich-konkretem Erleben mit Dingen, Stoffen und Prozessen, jenseits
der zeichenüberladenen Welt künstlicher Umgebungen, getragen. Ein
konkretes Stück Erde, Gesteine, Sande, gemalte Feuerbilder oder
fotografierte Wasseroberflächen zeugen von der Ernüchterung die sich im
Angesicht der Verlusterfahrung von sinnlich-konkretem Erleben einer
'reinen Natur' abzeichnet.
Auch wenn ein Stück Erde medial inszeniert ist, geht
mit dieser Inszenierung der Wunsch nach Verinnerlichung von
Naturerfahrung einher. Verlust und Aneignung eines verinnerlichten
Wissens über elementare Lebensbedingungen gehören ihrerseits zu einer
Kulturgeschichte der Elemente. Für Gernot und Hartmut Böhme wird zumeist
verdeckt, dass die stumm redenden Elemente der Gegenwartskunst
überwiegend der Naturästhetik der Zeit um 1800 angehören, also
historisch sind.
Verlust und Aneignung sind Teil der Erinnerung an eine
'reine Natur'. Im Abschreiten der Gewässerufer des Nationalparks
Kalkalpen sammle ich meine „Fundobjekte“. Versteinerte Schnecken,
Flyschgestein und Rundlinge, Hölzer bearbeitet vom Wasser, von Käfern
oder Pilzen. Ich türme beispielsweise Steine übereinander und kehre nach
einiger Zeit an die Baustelle zurück um zu sehen wie das Wasser meine
Vorhaben untergräbt.
Ich dokumentiere meine Bau- und Auslegestellen und
fotografiere das Wasser an sich, aber auch den Kulturmüll der sich ab
und an bereits in Quellnähe finden lässt. Erinnerungen tauchen mit
diesen Handlungen auf. Spontan, sprunghaft, bruchstückhaft ohne einer
kontinuierlichen Struktur – bildhafte Fiktionen einer
Entstehungsgeschichte des Alpenvorlands, Textfragmente, oder
musikalische Segmente ausgelöst durch das Murmeln des Wassers.
2008 fügte ich erstmals große Teile der Material- und
Bildsammlung zusammen. Ich legte Fundsteine kreisförmig am Boden aus und
bespielte diese mit Bildmaterial. In Zusammenarbeit mit dem Künstlerduo
Eva Bischof -Herlbauer und Gerald Herlbauer und dem Sounddesigner
Alexander Minichmair entstand so das Projekt „zeichenzeit“.
Für die bildhafte Bespielung des Kreises verwendete ich
Wasserfotografien. Ich erzeugte mittels entsprechender Software/Wings
Platinum Kamerafahrten über die Fotografien, um so die Wasserbewegung
nachzuahmen. Für die Strukturierung der 20min Bildkomposition diente mir
eine zuvor entstandene Außenaufnahme/Regen. Mit dem Schnitt der
Aufnahme folgte ich einer gedanklichen Zuordnung bestimmter
Regenrhythmen zu einer fiktiven Evolutionsgeschichte des Wassers.
Menschliche Eingriffe, also mythisch-religiöse Zuweisungen, die die
europäische Kultur dem Wasser zukommen ließ, oder technische Nutzung und
Verschmutzung, stellte ich mit Hilfe geometrischer Symbole dar.
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